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Von Jinghong nach Kunming
Den nächsten Tag in Jinghong brauchen wir zur Erholung von zwei wirklich anstrengenden und teilweise nervenaufreibenden Reisetagen. Zum Glück ist unser Familienzimmer so groß und gemütlich, dass wir uns problemlos dort die Zeit vertreiben können. Die jüngste Neuanschaffung – eine Yogamatte – kommt zum Einsatz, die Waschmaschine, die praktischerweise mit im Zimmer ist, wird angeworfen und der letzte laotische Staub aus Kleidung und Kuscheltier gewaschen. Für die Benutzung der Waschmaschine brauchen wir aber die Hilfe der Übersetzungs-App… Titus hilft fleißig beim Wäsche-Aufhängen, wir sind wieder einmal sehr froh über unsere Wäscheleine.

Stadtbesichtigung in Jinghong
Vom großen Panoramafenster aus blicken wir auf die verrücktesten Bauwerke: hochmoderne Wolkenkratzer befinden sich teilweise noch im Bau, die Mekongbrücke überspannt den Fluss in schwindelnder Höhe. Doch gleichzeitig wirkt alles wie ausgestorben: Baustellen liegen brach, die Hälfte der Geschäfte hat geschlossen und tagsüber sind wenige Menschen draußen unterwegs. Wir machen uns am Nachmittag dennoch auf zu einem ausgiebigen Spaziergang entlang des Mekong, wir flanieren durch Parks und entlang der Hauptstraßen.

Dort geht es geschäftig zu, und trotzdem ist es herrlich ruhig, denn das Hauptverkehrsmittel hier sind Elektro-Roller, die geräuschlos hin- und hersausen. Für Fahrräder und Roller gibt es neben der sechsspurigen Straßen mit Bordsteinen abgetrennte eigene Fahrspuren, und wir bläuen Titus ein, dass er sich hier nicht auf sein Gehör verlassen kann, sondern genau schauen muss.
Bis auf eine kleine Kaffeebar, wo wir auf der Terrasse sitzen dürfen, finden wir wieder nur verschlossene Restaurants vor. Also geben wir dem Drängen des Sohnemanns nach und legen erneut einen Besuch im Supermarkt und ein Picknick im Hotelzimmer ein.
Vorbild Einheimische
Am nächsten Morgen frühstücken wir in einem winzigen Lokal neben dem Hotel ganz landestypisch Hefeteig-Dumplings und heiße, scharfe Nudelsuppe. Dann fährt uns unser freundlicher Wirt erneut zum Busbahnhof und verabschiedet uns herzlich. Er hat für uns sogar noch drei zusätzlich Atemmasken organisiert, die eigentlich streng rationiert sind. Nun haben wir Ersatz, sollten unsere schmutzig werden oder kaputtgehen.
Inzwischen haben wir nach genauer Beobachtung der Einheimischen verstanden, dass man jedes Mal beim Betreten eines Gebäudes einen dort befindlichen QR-Code mit dem Handy scannen muss. Beim Verlassen scannt man wieder, so „weiß“ die zuständige Behörde, wer wann an welchem Ort war und kann bei einer Neuinfektion schnell herausfinden, wer möglicherweise noch infiziert wurde. Das machen wir nun also auch ganz brav, und dürfen dann auch sogleich zum Bus gehen.
Busfahrt nach Kunming
Um 10 Uhr geht die Fahrt nach Kunming los. Wir machen es uns bequem, der Reisebus hat komfortable Sitze mit viel Beinfreiheit. Die barsch klingende Ansage des Busfahrers interpretieren wir richtig: Anschnallen ist Pflicht. Zunächst geht es mit vielen Zwischenhalten voran, bei denen Leute einsteigen und vor allem Waren eingeladen werden. Deshalb fährt unser Bus immer wieder von der Schnellstraße ab und wieder auf. Wie schon vor zwei Tagen geht es entlang markanter Berge, immer noch über Brücken ohne allzu viele Kurven. An den Hängen wächst dichter Wald, hier soll es laut Beschilderung noch wilde Elefanten geben.
Um 13 Uhr legen wir eine Mittagspause an einem eher schäbigen kleinen Lokal ein. Die Toilette ist furchterregend: nur eine gekachelte Rinne am Boden, keine Kabinen, sondern verschämtes Nebeneinander-Hocken.
Bei der Weiterfahrt passieren wir Pu-Erh, wo der berühmte Tee angebaut wird. Überhaupt wandelt sich die Landschaft, statt Bergen durchqueren wir weite Flachgebiete. Über Stunden sehen wir nur landwirtschaftliche Anbauflächen für Reis und Gemüse aller Art sowie Gewächshäuser, soweit das Auge reicht. Die Provinz Yunnan, durch die wir fahren, versorgt offenbar halb China mit ihren Erzeugnissen.
Titus genießt die bequeme Fahrt, er singt, isst, hört Hörbücher und Musik, ersinnt Gedichte, rechnet und rätselt und scheint sehr zufrieden zu sein. Norman und ich beschäftigen uns abwechselnd mit ihm, und ich kann stundenlang einem Hörbuch und Podcasts lauschen. Immer noch sehen wir Streckenabschnitte der neuen Zuglinie – kaum vorstellbar, dass man in Zukunft diese dreitägige Reise in wenigen Stunden hinter sich bringen kann.
Ankunft in Kunming
Wir erreichen nach fast neun Stunden im Bus endlich Kunming, 600 Kilometer nördlich von Jinghong. Die Sonne steht bereits tief am Himmel, als wir am Busbahnhof unsere Beine strecken und wieder einmal unsere Temperatur gemessen wird. Draußen werden wir bereits erwartet: Der Neffe eines Arbeitskollegen von Norman wurde von der Familie geschickt, um uns zu empfangen. Der junge Mann, nennen wir ihn Johnny, spricht nämlich Englisch.
Zusammen mit seiner Frau fährt er uns nicht nur bis ans andere Ende der Stadt zu unserer Unterkunft, sondern überhäuft uns dort angekommen auch noch mit Gastgeschenken: Rosengebäck, Kekse und die wohl perfektesten Erdbeeren, die ich je gesehen habe. Das Ganze muss ein Vermögen gekostet haben. Leider fällt unsere Einladung zum Abendessen daraufhin aus, denn nach wie vor sind alle Restaurants geschlossen.
Wir beziehen ein Familienzimmer im Upload International Youth Hostel. Norman hat sich in weiser Voraussicht für diese Unterkunft entschieden, denn hier spricht man an der Rezeption ebenfalls Englisch – das ist hier in Südwestchina nicht selbstverständlich. Das Zimmer ist günstig und genau richtig für uns, mit einem Doppelbett und darüber einem einzelnen Stockbett, das natürlich sofort von Titus belegt wird. Die beiden Herren machen sich auf die Suche nach etwas Essbarem und kommen mit Fertignudelsuppe und Pommes zurück.

Nach dem langen Tag im Bus hat eh keiner so recht Hunger und wir machen es uns lieber früh im Bett gemütlich. Glücklicherweise kann man die Klimaanlage im Zimmer auch als Heizung nutzen – denn es ist empfindlich kalt hier in Kunming, das auf knapp 2.000 Metern liegt!
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Jinghong – Kunming
We need the next day in Jinghong to recover from two really exhausting and sometimes nerve-racking days of travel. Fortunately our family room is so big and comfortable that we can easily pass the time there. The latest new acquisition – a yoga mat – is used, the washing machine, which is conveniently in the room, is turned on and the last Laotian dust from clothes and the soft toy is washed away. To use the washing machine we need the help of the translation app. Titus helps diligently to hang up the laundry, we are once again very happy to have our own clothesline.
City tour in Jinghong
From the large panorama window we look out on the craziest buildings: ultra-modern skyscrapers are partly still under construction, the Mekong Bridge spans the river at a dizzy height. But at the same time everything seems to be extinct: Construction sites lie idle, half of the shops are closed and during the day few people are out and about.

Nevertheless, in the afternoon we go for an extensive walk along the Mekong, we stroll through parks and along the main roads. There is a much more activity there, but it is still wonderfully quiet, because the main means of transport here are electric scooters that buzz back and forth silently. There are separate lanes for bicycles and scooters next to the six-lane roads with curbs, and we tell Titus that he cannot rely on his hearing here, but has to look carefully.

Except for a small coffee bar, where we are allowed to sit on the terrace, we find again only closed restaurants. So we give in to the urging of our son and again visit the supermarket and have a picnic in the hotel room.
Do as the locals do
The next morning we have breakfast in a tiny restaurant next to the hotel, with typical yeast dough dumplings and hot, spicy noodle soup. Then our friendly host drives us to the bus station again and says goodbye to us warmly. He even organized three additional breathing masks for us, which are actually strictly rationed. Now we have a replacement, should ours get dirty or break.
In the meantime, after observing the locals we have understood that every time you enter a building you have to scan a QR code with your mobile phone. When leaving, one scans again, so the responsible authority knows immediately who was at which place and when. They use this information to find out who might also have been infected in case of a new infection. So we learned that skill quickly and are allowed to go to the bus immediately.
Bus trip to Kunming
At 10 o’clock the journey to Kunming starts. We make ourselves comfortable, the coach has wide seats with plenty of legroom. We interpret the harsh-sounding announcement of the bus driver correctly: Fasten the seat belt is mandatory. At first, we proceed with a lot of stops where people get in and especially goods are loaded. This is the reason why our bus repeatedly leaves the motorway and enters it again and again. Like two days ago, we drive along striking mountains, still over bridges without too many curves. Dense forest grows on the slopes, according to the signs there are supposed to be wild elephants here.
At 13 o’clock we have a lunch break at a rather shabby little restaurant. The toilet is frightening: only a tiled gutter on the floor, no cabins, but bashfully crouching next to each other.
On the way we pass Pu-Erh, where the famous tea is grown. The landscape changes in general, instead of mountains we cross wide flat areas. For hours we only see agricultural areas for rice and vegetables of all kinds as well as greenhouses as far as the eye can see. The province Yunnan, through which we drive, apparently supplies half of China with its products.
Titus enjoys the comfortable ride, he sings, eats, listens to audio books and music, writes poems, does calculations and spelling quizzes and seems to be very satisfied. Norman and I take turns with him, and I can listen to an audio book and podcasts for hours. We can still see sections of the new train line – it’s hard to imagine that in the future you can complete this three-day journey in just a few hours.
Arrival in Kunming
After almost nine hours in the bus we finally reach Kunming, 600 kilometres north of Jinghong. The sun is already low in the sky when we stretch our legs at the bus station. Once again our temperature is measured. Outside we are already expected: The nephew of a work colleague of Norman’s was sent by the family to receive us. The young man, let us call him Johnny, speaks English.
Together with his wife, he not only drives us to our accommodation on the other side of town, but when we arrive there, he also showered us with presents: rose biscuits, cookies and probably the most perfect strawberries. The whole thing must have cost a fortune. Unfortunately our invitation for dinner is cancelled because all restaurants are still closed.
We move into a family room in the Upload International Youth Hostel. Norman has wisely decided for this accommodation, because here at the reception they also speak English – that is not self-evident here in southwest China. The room is cheap and just right for us, with a double bed and above it a single bunk bed, which of course is immediately occupied by Titus. The two gentlemen leave in search of something to eat and come back with instant noodle soup and French fries. After the long day in the bus nobody is really hungry anyway and we prefer to make ourselves comfortable in bed early. Fortunately, the air conditioning in the room can also be used for heating – because it’s very cold here in Kunming, which is at an altitude of almost 2,000 meters!