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English
Man spricht Englisch
Seit über sechs Wochen versuche ich täglich, eine halbe Stunde lang Chinesisch zu lernen. Viele Wörter haben sich als sehr hilfreich erwiesen, die Grammatik ist verständlich und ich war recht angetan vom Fortschritt. Nun sind wir seit drei Tagen in Shanghai – und meine Motivationskurve sinkt rapide. Das liegt daran, dass hier praktisch alle Menschen Englisch sprechen, zumindest das Nötigste. In der U-Bahn wird Titus vom Sicherheitspersonal gefragt, wie er heißt und wie alt er ist, dann wünscht man uns: „Have a nice day!“ Nach mehr als acht Wochen in China können wir uns endlich wieder verständigen! Es ist herrlich – und der Chinesisch-Unterricht ist damit wohl vorerst beendet.
Foreign Language Bookstore
Und Shanghai ist auch die Stadt der abwechslungsreichen Begegnungen. Norman trifft sich am Samstag Vormittag mit Kollegen im dortigen Büro, während Titus und ich auf Empfehlung den unweit vom Hotel gelegenen Foreign Language Bookstore in der Fuzhou Lu aufsuchen. Dort finden wir im vierten Stock den englischsprachigen Kinderbuch-Himmel vor und verbringen fast zwei Stunden dort stöbern und vorlesend. Am Ende ziehen wir bepackt mit vielen Activity- und Lernheften von dannen, denn wir müssen uns für eine möglicherweise demnächst anstehende Quarantäne rüsten.

Öffentlicher Nahverkehr leicht gemacht
Danach marschiere ich mit Titus zur Metro, praktischerweise haben wir eine aufladbare Dauerkarte (gültig für Bus, Metro und Fähre) erstanden, über die der Fahrpreis beim Ein- bzw. Aussteigen abgebucht wird. Die Karte bekommt man bei jedem Service-Kiosk unten an den U-Bahn-Eingängen. 20 Yuan Deposit kostet sie (werden bei Rückgabe erstattet) und kann mit einem beliebigen Betrag aufgeladen werden. Einzelfahrten kosten 3-4 Yuan damit. Kinder unter 1,40m fahren umsonst und dürfen unter der Schranke durchschlüpfen.
French Concession und neue Bekanntschaften
Wir fahren in die Changshu Road und spazieren durch die ehemalige French Concession, in der es aussieht wie in jeder mediterranen Altstadt, mit hübschen Häusern, Boutiquen, Bars und hippen Friseursalons. Ich referiere über die Geschichte des Viertels, bis wir beim Café Baker & Spice anlangen. Dort gesellt sich Norman zu uns, außerdem bekommen wir Gesellschaft von Carina mitsamt ihrer Familie. Wir kennen und „folgen“ uns über Instagram, sie lebt seit knapp zwei Jahren in Shanghai und kann uns viele Tipps geben. Titus versteht sich so blendend mit den zwei Söhnen (er ist wirklich immer sehr erfreut über Kontakt zu anderen Kindern), dass wir nach dem gemütlichen Kaffeeklatsch noch einen langen Spaziergang zusammen unternehmen.

Jing’an-Park und -Tempel
Dieser führt uns bis in den Jing’an-Park, in dem die drei Jungs toben und dabei die chinesischen Spaziergänger und das Wachpersonal sehr irritieren – chinesische Kinder dürfen nämlich nicht auf Wiesen rennen oder über Steine klettern, dabei könnte man sich ja schmutzig machen oder gar verletzen.

Bund und Skyline von Pudong
Von außen bewundern wir die goldenen Dächer des Jing’an-Tempels, bevor wir uns nach einem Gruppenfoto verabschieden und zu dritt zum berühmten Bund fahren.

Die Promenade entlang des Huangpu-Flusses war schon vor 150 Jahren ein Ort zum Flanieren; heute ist die Aussicht auf die Wolkenkratzer der Pudong-Seite natürlich noch beeindruckender. Leider ist die Sicht mäßig, der Himmel über Shanghai ist wie fast immer trüb, das liegt allerdings weniger an der Wetterlage und mehr an der Luftverschmutzung…
Auf Empfehlung kehren wir zum fast schon obligatorischen Sunset-Drink auf der Dachterrasse der Captain-Bar ein. Titus kann es kaum erwarten, dass um 19 Uhr endlich die Beleuchtung der Hochhausfassaden eingeschaltet wird. Die überbieten sich schier gegenseitig in den Mustern und Formen, die nach Einbruch der Dunkelheit darauf erscheinen, ein wirklich toller Anblick.

Stadt der Gegensätze
Auf dem Heimweg zu Fuß stecken wir bald wieder mitten in Gassen voller chinesischer Garküchen, vor denen sich Becken und Schüsseln voller Meeres- und sonstigem Getier stapeln. Teller werden schnell in einem Zuber ausgespült und das Schmutzwasser auf den Gehweg gekippt, in den engen Sträßchen hängt die Wäsche an Leinen über unseren Köpfen, und in kleinen Lädchen wird Tabak, Schnaps und Gemüse verkauft. Was für ein Gegensatz zum bisherigen Tagesprogramm – und genauso deshalb sind wir sehr angetan von Shanghai, wo Chinesen und Europäer seit Jahrhunderten zusammen leben und beiderlei Einflüsse erkennbar sind.

Fake Market AP Plaza
Während sich halb Asien und Europa den Muttertagsfeierlichkeiten ergeht, haben wir heute „Shopping“ auf dem Programm stehen. In den unterirdischen Gängen an der Metro-Station Science Centre befindet sich das AP Plaza, eine der größten Markthallen Shanghais. Bereits beim Aussteigen aus der U-Bahn werden wir von Schleppern angesprochen, Norman verdreht die Augen, er ist nicht sonderlich begeistert vom Ausflug, und auch ich kann Shopping normalerweise wenig abgewinnen. Aber wir haben ein paar Anschaffungen vor, zum Glück ist am Sonntagvormittag kaum jemand unterwegs und wir haben freie Auswahl. Nach zwei Stunden voller zäher Verhandlungen sind wir ermattet, aber erfolgreich und um ein paar hundert Yuan ärmer.
Science and Technology Museum
Während Norman sich freiwillig erbietet, die Einkäufe zurück ins Hotel zu schaffen, wollen Titus und ich das Science and Technology Museum besuchen, das uns bereits von außen wegen seiner beachtlichen Größe beeindruckt. Es dauert, bis wir das übliche Eingangsprocedere hinter uns gebracht haben, einzig die ersehnte Mittagspause muss ausfallen, da aus Hygienegründen die Cafeteria drinnen geschlossen hat.

Mit leerem Magen ziehen wir also durch die Ausstellungsräume, arbeiten uns vom Untergeschoss aus durch mehrere Stockwerke, wobei recht schnell klar ist: an einem Tag ist dieses Museum nicht zu schaffen. Allein die Sonderausstellung über Wale ist so interessant, dass wir dort hängenbleiben, im Erdgeschoss ist die komplette Fauna der Kontinente mitsamt jeweiliger Geräuschkulisse aufgebaut. Daneben verbirgt sich ein riesiger, echt wirkender tropischer Regenwald, in dem wir uns fast verlaufen, so groß ist er. Im ersten Stock entscheiden wir uns bereits gegen die Spinnen und für die Roboter, und nach mehr als zwei Stunden lässt nun schon langsam, aber sicher die Energie nach. Wir überspringen die Ausstellung über künstliche Intelligenz, über Gesundheit, Gene und Medizinforschung und laufen nur noch zügig durch die Räume zu Umwelt und Naturkatastrophen.
Pause, bitte
Dann verkündet das Kind: „Ich mag nicht mehr“, was wirklich erstaunlich ist, ist es doch sonst der größte Museumsfan aller Zeiten. Und dieses Museum hier ist auch uneingeschränkt sehenswert, mit vielen Mitmachbereichen und anschaulichen Darstellungen. Einzig der Kinderspielbereich ist geschlossen, darauf hätte Titus noch Lust gehabt, aber man merkt eben doch noch gewisse Einschränkungen, Covid-19 sei Dank.
Aber auch mir schwirrt ein wenig der Kopf und ich bin froh über die kurze Verschnaufpause in der U-Bahn, bevor wir den fünfzehnminütigen Fußweg zurück ins Hotel in Angriff nehmen. Es ist bereits später Nachmittag und den Rest des Tages legen wir die Füße hoch, es wird gespielt und gefilmt und abends bestellen wir ganz unaufgeregt Pizza ins Hotel und träumen uns mit Astrid-Lindgren-Filmen nach Schweden.

Deutsch /
English
English is spoken
For over six weeks I have been trying to learn Chinese for half an hour every day. It helped on many occasions, some vocabulary has been very helpful, the grammar is bearable and I was quite taken with the progress. But since we arrived in Shanghai three days ago, my motivation curve is dropping rapidly. That’s because practically everyone here speaks English, at least the bare essentials. In the subway Titus is asked by the security staff what his name is and how old he is, then they wish us: “Have a nice day!” After more than eight weeks in China we can finally communicate again! It is wonderful – and the Chinese lessons are probably over for the time being.
Foreign Language Bookstore
And Shanghai is also the city of varied encounters. Norman meets with colleagues in the local office on Saturday morning, while Titus and I visit the Foreign Language Bookstore in Fuzhou Lu not far from the hotel. There, on the fourth floor, we find the English-speaking children’s book heaven and spend almost two hours browsing and reading aloud. At the end, we leave with lots of activity and learning books, because we have to prepare for a possible quarantine.

Public Transport 101
After that, I walk with Titus to the subway. Practically, we have already bought a rechargeable prepaid card (valid for bus, subway and ferry), over which the fare is debited when getting in and/or out. One gets the card at any service kiosk at the subway entrances. It costs 20 Yuan deposit (will be refunded upon return) and can be topped up with any amount. Single trips cost only 3-4 Yuan with it. Children under 1,40m drive for free and are allowed to slip under the barrier.
French Concession and new acquaintances
We drive to Changshu Road and walk through the former French Concession, where it looks like any Mediterranean old town, with pretty houses, boutiques, bars and hip hairdressing salons. I talk about the history of the neighbourhood until we arrive at the Café Baker & Spice. There Norman joins us and we also get company from Carina and her family. We know and “follow” each other on Instagram, the family has lived in Shanghai for almost two years and can give us many tips. Titus gets on so well with the two sons (he is always very happy to meet with other children) that we spend a couple hours together during a long walk after the cosy coffee break.
Jing’an Park and Temple
This leads us into the Jing’an Park, where the three boys are romping around and are very irritating for the Chinese walkers and the security staff – Chinese children are not allowed to run on meadows or climb over stones, where it is likely to get dirty or even injured.

Bund and Skyline of Pudong
From the outside we admire the golden roofs of the Jing’an temple, before we say goodbye after a group photo and drive to the famous Bund.

The promenade along the Huangpu River was already a place to stroll 150 years ago; today, the view of the skyscrapers on the Pudong side is of course even more impressive. Unfortunately, the visibility is moderate, the sky over Shanghai is, as usual, cloudy, but this is less due to the weather situation and more due to the air pollution…

On recommendation we stop for the almost obligatory sunset drink on the roof terrace of the Captain’s Bar. Titus can hardly wait until at 7 p.m. when finally the lighting of the high-rise facades is switched on. They outdo each other in the patterns and shapes that appear on them after dark, a really great sight.

City of Contrasts
On the way home on foot we are soon in the middle of alleys full of Chinese cookshops and food stalls, in front of which basins and bowls full of seafood and other animals are piled up. Plates are quickly rinsed in a tub and the dirty water is dumped on the sidewalk, in the narrow streets the laundry hangs on clotheslines above our heads, and in small shops tobacco, liquor and vegetables are sold. What a contrast to the previous day’s programme – and that’s exactly why we are very fond of Shanghai, where Chinese and Europeans have been living together for centuries and where both influences are evident.
Fake Market AP Plaza
While half of the world is celebrating Mother’s Day, today we have “shopping” on the agenda. In the underground corridors at the Science Centre metro station is AP Plaza, one of Shanghai’s largest (fake) market halls. As soon as we get out of the subway, we are approached by tugboats, Norman rolls his eyes, he is not particularly enthusiastic about the trip, and I too usually have little use for shopping. But we have some purchases in mind, luckily there is hardly anybody on the way on Sunday morning and we have free choice. After two hours of tough negotiations we are exhausted, but successful and own a few hundred Yuan less.
Science and Technology Museum
While Norman volunteers to take the shopping bags back to the hotel, Titus and I plan to visit the Science and Technology Museum, which already impresses us from the outside because of its considerable size. It takes us some time to get the usual entrance procedure behind us, only the longed-for lunch break has to be cancelled, as the cafeteria inside is closed for reasons of hygiene.

Thus, with an empty stomach we walk through the exhibition rooms, work our way from the basement through several floors, whereby it is soon clear: this museum cannot be managed in one day. Even the special exhibition about whales is so interesting that we get stuck there in the basement floor. On the ground floor, the complete fauna of the continents is assembled together with the respective soundscape. Beside it there is a huge, real looking tropical rain forest in which we almost get lost, it is so big. On the first floor we already vote against the spiders and for the robots, and after more than two hours the energy is slowly but surely diminishing. We skip the exhibition on artificial intelligence, on health, genes and medical research, and just walk briskly through the rooms on environment and natural disasters.
Break, please
Then Titus proclaims: “I don’t want anymore”, which is really astonishing as he is usually the biggest museum fan of all times. And this museum here is absolutely worth seeing, with many areas for participation and vivid presentations. Only the children’s play area is closed, Titus would still have liked that, but one still notices certain restrictions, thanks to Covid-19.
But also my head is buzzing a little and I am glad about the short break in the subway, before we start the fifteen minutes walk back to the hotel. It’s already late afternoon and the rest of the day we put our feet up, play games and shoot more movie scenes.

In the evening we order pizza to the hotel without leaving the property and dream ourselves off to Sweden with the help of an old Astrid-Lindgren movie.
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