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Was macht das Reisen mit uns? Ein Zwischenbericht.
Seit fast vier Monaten sind wir nun auf Reisen. Zu dritt, als Familie. Vieles ist anders gelaufen, als wir es im Vorfeld geplant hatten. Vieles ist besser gewesen als je erhofft. Wir sind weit gekommen. Schlechte Erlebnisse? Fehlanzeige.

Bis auf die Ohrenentzündung relativ am Anfang – die uns wieder einmal gezeigt hat, dass es auch im Ausland immer möglich ist, gute medizinische Betreuung zu finden – sind wir alle durchweg gesund und munter. Keinerlei Magenverstimmungen bislang, ein bei Reisen doch zu erwartendes Übel; das Trinkwasser, das unsere Filterflasche erzeugt, ist tatsächlich keimfrei, und die Anschaffung hat sich gelohnt.
Keine Erkältung, nicht einmal ein kleiner Schnupfen. Das liegt aber auch am konsequenten Tragen von Masken in der Öffentlichkeit seit mehr als zwei Monaten. Vielleicht sollten wir das zukünftig während der Erkältungszeit in München beibehalten?
Die Reiseapotheke ist bislang bis auf das Muskelschmerzgel und ein paar Tabletten gegen Kopfschmerzen und Reiseübelkeit sowie ein paar Pflaster unangetastet. Und die Behandlungskosten für die oben erwähnte Ohrenentzündung wurden von unserer Reisekrankenversicherung längst unkompliziert erstattet.
Ich durfte lernen, dass nicht alles im Leben planbar ist. Habe ich bislang selbst mehrwöchige Reisen minutiös im Vorfeld durchdacht und organisiert, mussten wir ab der Einreise nach China auf die Bremse treten. Zu ungewiss war, ob und wie Reisen in Zeiten von Corona möglich ist. Jederzeit stand ein Abbruch und Heimflug im Raum, und letzten Endes mussten wir uns denn auch von unserer ursprünglich geplanten Reiseroute verabschieden. Das schmerzt, immer noch – gerade auf Iran und Osttürkei hatte ich mich so sehr gefreut, und Norman trauert Zentralasien, den „Istans“, hinterher. Doch was haben wir dafür bekommen? Eine ausgiebige Rundreise durch China! Wir durften Orte besuchen, die den meisten Europäern gar nicht geläufig sind – und wir fragen uns verstärkt, warum China (vor allem der Südwesten und das Landesinnere rund um Chengdu) bei so vielen Deutschen gar nicht erst auf dem Reise-Wunschzettel steht. Aber die China-Skepsis der Deutschen ist ein anderes Thema…
Auf jeden Fall habe ich nun die Gelassenheit wiedererlangt, von Tag zu Tag zu entscheiden, was auf dem Programm steht und wohin die Reise geht. Und dass es eine gute Entscheidung war, nach China einzureisen und hier so lange zu bleiben.
Unserer Kleidung merkt man die Dauerbelastung der vergangenen 15 Wochen an. So langsam lösen sich T-Shirts, Socken und Hosen in ihre Einzelteile auf. Wenn man nur über jeweils fünf Oberteile verfügt und diese quasi im Wochentakt wäscht, ist nach offenbar vier Monaten das natürliche Verfallsdatum erfolgt. Dazu kommt, dass Titus aus allen Kleidungsstücken herausgewachsen ist. Vielleicht nur um ein paar Zentimeter, aber trotzdem sind alle Hosen zu kurz, Schuhe zu klein, Pullis zu eng und Schlafanzüge zu unbequem. Zum Glück sind wir in Shanghai im Shopping-Paradies. Nicht nur gibt es nur jede erdenkliche Marke, und dazu auch noch an chinesische Preise angepasst zumindest für unsere Verhältnisse extrem günstig. Wir verbringen also halbe Tage damit, unsere Reisegarderobe – längst fällig – ein wenig zu erneuern.
Wir haben auch gelernt, uns als Familie neu zu arrangieren. So ungewohnt es anfangs war, dauerhaft zusammen zu sein, so sehr genießt zum Beispiel Titus nun die Zeit, die er mit seinem Papa verbringen kann. Bei uns gehörte es zum Alltag, dass stets erst einmal die „Mama“ gewünscht war. Nun endlich passiert es, dass ich weggeschickt werde und es vor allem ganz selbstverständlich klappt, dass beide Eltern gleichberechtigt zum Gute-Nacht-Sagen und Spielen erwünscht sind.
Was bei so einer Familienreise allerdings manchmal zu kurz kommt, ist reine Paarzeit. Denn abends mal nur zu zweit bei einem Getränk zusammenzusitzen, klappt wegen der räumlichen Gegebenheiten unserer Unterkünfte meist nicht. Und tagsüber können natürlich erst recht nicht mal „nur die Erwachsenen“ etwas zusammen unternehmen.
Immerhin steckt Titus die ständige Veränderung gut weg, auch wenn die Sehnsucht nach der Rückkehr wächst. Und wie sehr er es genießt, mit anderen Kindern zusammen zu sein! Immer nur Mama und Papa sind halt auch auf Dauer langweilig. Seine sehr guten Englischkenntnisse, die er sich in Singapur erarbeitet hat, konnten wir bislang erhalten, indem Norman mit ihm fast täglich Spielstunden auf Englisch abgehalten hat und englische Kinder-Podcasts gehört wurden. In China ist Englisch im täglichen Sprachgebrauch nämlich kaum noch vorhanden.
Das Kind hat außerdem gelernt, mit welchen Kosten so eine Reise verbunden ist. Wir hatten vorab ein Budget festgelegt und tragen seit unserer Abreise Tag für Tag unsere Ausgaben in einer App ein. Titus wacht stets darüber, ob das Tagesbudget eingehalten wird und wie viel Geld noch in der Reisekasse ist. Dank den günstigen Preisen in China und da wir aktuell weniger Fixkosten haben (da keine Wohnung), sind wir auch noch genau im Plan. Wenn das keine Lektion fürs Leben ist?!
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What is happening to us during long term travel? A progress report.
We’ve been travelling for almost four months now. Only the three of us, as a family. Many things have turned out differently than we had planned in advance. Many things have been better than we had ever hoped for. We have come a long way. Bad experiences? Not so far.

Except for the ear infection relatively at the beginning – which showed us once again that it is always possible to find good medical care abroad – we are all consistently healthy and alert. No stomach upset so far, an evil to be expected when travelling; the drinking water produced by our filter bottle is indeed producing germ-free water, and the purchase was worth it.
Not a cold, not even a little sniffle. But this is also due to the fact that we have been wearing masks in public consistently for more than two months. Maybe we should keep this in future during the cold season in Munich?
So far, the first-aid kit is untouched except for the muscle pain gel and a few tablets for headaches and travel sickness as well as a few plasters. And the treatment costs for the above-mentioned ear infection have long since been reimbursed by our travel health insurance in an uncomplicated way.
I was allowed to learn that not everything in life can be planned. If I had previously thought through and organised trips of several weeks thoroughly in advance, we had to put on the brakes from the moment we entered China. It was too uncertain whether and how travelling in times of Corona is possible. At any time we had to consider the abortion of our trip. In the end we had to say goodbye to our originally planned itinerary. That hurts, still – I had been looking forward to Iran and Eastern Turkey so much, and Norman is mourning for missing Central Asia, the “Istans”. But what did we get in return? An extensive round trip through China! We were allowed to visit places that most Europeans are not familiar with – and we are constantly asking ourselves why China (especially the southwest and the central areas around Chengdu) is not even on the travel wish list of so many Germans. But the Germans’ scepticism about China is a different matter…
In any case, I have now regained the serenity to decide from day to day what is on the programme and where the journey will take me. And that it was a good decision to enter China and stay here for so long.
Our clothes show the constant strain of the past 15 weeks. T-shirts, socks and trousers are slowly dissolving into rags. If you only have five tops at a time and wash them in a weekly cycle, the natural expiration date has obviously come after four months.
In addition, Titus has outgrown all the clothes. Maybe only by a few centimetres, but still all trousers are too short, shoes too small, sweaters too tight and pyjamas too uncomfortable. Luckily we are in Shanghai in shopping paradise. Not only is there just every imaginable brand, and on top of that adapted to Chinese prices, at least for our circumstances extremely cheap. So we spend half a day to renew our travel wardrobe – long overdue – a little bit.

We have also learned to rearrange ourselves as a family. As unusual as it was at the beginning to be together permanently, Titus for example now enjoys the time he can spend with his dad. For us, it was part of everyday life that first of all the “mummy” was always in charge. Now finally it happens that I am sent away and it works out quite naturally that both parents are equally welcome to say good night and play.
But what sometimes comes too short on such a family trip is pure couple time. Because sitting together in the evening for a drink usually does not work out due to the spatial conditions of our accommodations. And during the day, of course, not even “only the adults” can do something together.
After all, Titus copes well with the constant change, even if the longing to return is growing. And how much he enjoys being together with other children! Only mum and dad are boring in the long run. We have been able to maintain his very good English skills, which he acquired in Singapore, by having Norman give him English play lessons almost every day and listening to English children’s podcasts. In China, English is hardly available in everyday language use anymore.
The child has also learnt how much a trip like this costs. We had set a budget in advance and since our departure we have been putting our expenses day by day into an app. Titus always watches over whether the daily budget is kept and how much money is still in the whole travel budget. Thanks to the low prices in China and because we currently have fewer fixed costs (since we don’t have an apartment), we are still right on schedule. If this is not a lesson for life?
Comments (6)
Vielen Dank für euren Zwischenbericht. Sehr spannend. Wie geht es nun weiter?
Eure Bilder sind immer sehr sehr schön und da kann man wirklich nicht nachvollziehen, warum China so weit hinten steht. Es hat viel zu bieten, wie ich sehe. LG aus Bayern
Wir haben einen Flug nach Schweden gebucht. Ob und wann der allerdings stattfinden wird, ist noch nicht endgültig geklärt. Aber wenn alles gut geht, können wir vielleicht noch ein paar Wochen lang die skandinavischen Wälder per Wohnmobil erkunden. Das absolute Kontrastprogramm zu China…
Liebe Grüße,
Nadine
Oh. Das klingt aber auch wunderbar zum Zeit überbrücken.
Das hat sich leider in der Zwischenzeit schon wieder erledigt… Ich berichte!
Congrat!!! 🙂
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