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Die Rückreise aus China
Der internationale Flughafen Pudong ist fast menschenleer, als wir ihn gegen 21 Uhr betreten. Eine einzige Eingangstür ist überhaupt geöffnet, und an der großen Anzeigetafel in der Abflughalle wird genau ein einziger Flug angezeigt, nämlich unserer.
An den drei geöffneten Check-In-Schaltern stauen sich die Handvoll Passagiere, offenbar wird wirklich jeder Reisepass genau überprüft. Da wir einen deutschen Pass haben, gibt es für uns beim Flug nach Frankfurt keine weiteren Fragen. Wir geben unser Gepäck auf – das auf wundersame Weise im Vergleich zu unserer Abreise aus Singapur vor vier Monaten hier in Shanghai um genau 20 Kilogramm angewachsen ist – und machen uns auf den Weg zum Sicherheitscheck.
Ein (fast) verlassener Flughafen
Die Hallen sind gespenstisch leer, überall sehen wir verwaiste Schalter, ein paar vermummte Flughafenmitarbeiter patrouillieren durch die Gänge.
Bei der Passkontrolle braucht es die am Boden angebrachten Abstandsmarkierungen gar nicht, außer uns sind nur eine Handvoll Menschen unterwegs. Wir dürfen ohne weitere Kommentare ausreisen – obwohl unser Visum ja offiziell bereits vor ein paar Wochen abgelaufen ist.
Beim Sicherheitscheck nehmen die Mitarbeiter es ganz genau, die Bastelschere von Titus wird genauestens überprüft, jedes verdächtige Gepäckstück untersucht – ob das wohl eine Art Beschäftigungstherapie für die sichtlich unterbeschäftigten Angestellten ist?
Da wir mehr als genug Zeit eingeplant haben (da vorab nirgendwo zu erfahren war, ob die ganzen Corona-Maßnahmen zu Verzögerungen führen), sind wir ganz entspannt. Und trotzdem fast zwei Stunden vor Abflug am Gate. In der Wartehalle treffen wir nicht nur auf gähnende Leere, sondern auch auf ausschließlich geschlossene Geschäfte. Nicht ein einiges Café hat geöffnet, ganz zu schweigen von einer Geldwechselstube. Nun müssen wir die im Geldbeutel vergessenen Laotischen Kip wohl oder übel als Reisesouvenir mitnehmen…
Ausreichend Platz im Flugzeug
Wir vertreten uns die Beine, putzen die Zähne und löschen ein paar letzte Apps auf den Handys, bevor wir ins Flugzeug einsteigen.
In der großen Maschine sind außer uns vielleicht 40 Mitreisende über sämtliche Sitzreihen verteilt. Mindestens ein Sitz Abstand zwischen den Passagieren ist Pflicht, de facto hat am Ende fast eine eigene Reihe für sich. Das ist sehr komfortabel, denn als das Flugzeug planmäßig um kurz nach Mitternacht abhebt, findet so jeder ausreichend Platz zum Schlafen. Nur die Atemmaske stört ein wenig, denn die muss ausnahmslos den ganzen Flug über getragen werden.
Titus lässt sich davon zum Glück nicht vom Schlafen abhalten, er breitet sich über drei Sitze aus und pennt ungerührt von den stündlich durch die Flugbegleiter durchgeführten Temperaturkontrollen. Ich möchte gerne mit einem Glas Wein auf den Abschied aus China anstoßen, bevor ich schlafe – aber Fehlanzeige: Serviert werden nur Wasser, Saft oder Tee, auch das inbegriffene Abendessen besteht nur aus einem abgepackten Brötchen, das ich dankend ablehne.
Zum Glück lässt sich der gut zehn Stunden lange Flug dank Bordprogramm und buchstäblich „Platz zum Liegen“ gut aushalten. Titus erwacht um 9 Uhr chinesischer Zeit (oder 3 Uhr deutscher Zeit), verspeist ein Stück Fertigkuchen und kommentiert den Landeanflug minutiös. Ein paar Minuten nach 5 Uhr setzt der Flieger am Frankfurter Flughafen auf.
Willkommen in Deutschland
Beim Taxiing zum Gate erwartet uns ein ungewohnter Anblick: Wohin das Auge blickt, stehen Lufthansa-Maschinen im Parkmodus auf den Rollfeldern. Auch im Flughafengebäude ist es relativ leer, das mag aber auch an der frühen Stunde liegen.
An der Passkontrolle sorgen mehrere Angestellte für den nötigen Abstand zwischen den Passagieren und für zügiges Durchkommen. Zum ersten Mal seit Beginn unserer Reise wird unser Pass nur kurz auf und dann wieder zugeklappt, ohne Stempel, ohne Befragung. Wir sind in Deutschland.
Und noch vor dem Kofferband findet Titus einen bereits geöffneten Bäcker, wo er dringlich auf eine Butterbreze besteht. Wir müssen zuvor erst einmal am Geldautomaten Euro ziehen – denn Kartenzahlung funktioniert nicht. Sehr ungewohnt für uns!
Erlebnisse mit der Deutschen Bahn
Das Gepäck ist schnell gefunden, und nach kurzem Fußmarsch stehen wir am zugigen Gleis des Fernbahnhofs, wo wir auf den nächsten ICE warten. Zum Glück akzeptiert wenigstens hier der Fahrkartenautomat die Kreditkarte.
Zu dieser frühen Morgenstunde ist der Zug angenehm leer, wir verziehen uns ins geräumige Kleinkindabteil und genießen den Anblick des aufsteigenden Frühnebels über den Feldern. Titus verspeist selig deutsche Backwaren und trinkt Apfelschorle, inzwischen zählt er die Minuten bis zum Wiedersehen mit den Großeltern.
Nach den vielen Tausend Kilometern, die wir mit dem Zug durch China gereist sind, kommt allerdings bald die Ernüchterung: Waren in China die Schnellzüge selbst über Distanzen von 1.300 Kilometern auf die Minute pünktlich, steht unser ICE in Mannheim erst einmal für fast eine Stunde still – wegen eines technischen Problems erreichen wir so den Anschlusszug in Stuttgart nicht und kommen mit einer Stunde Verspätung am Ulmer Hauptbahnhof an…
… und wieder: Quarantäne
Dort geht es direkt in die „häusliche Quarantäne“, denn die ist in Bayern nach wie vor für Einreisende auch Nicht-Schengen-Staaten Pflicht. Brav melden wir uns per E-Mail beim zuständigen Landratsamt, und richten uns für die folgenden 14 Tage in einer uns zur Verfügung gestellten Wohnung ein. Eine gute Gelegenheit, ganz langsam wieder „anzukommen“ und uns zu akklimatisieren, bevor die Reise in Europa weitergeht!
Deutsch /
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From China to Germany
The international airport Pudong is almost deserted when we enter it around 9 pm. Only one entrance door is open at all, and on the large display board in the departure hall exactly one flight is shown, namely ours.
At the three open check-in counters, the handful of passengers are jammed, apparently every passport is checked carefully. Since we have a German passport, there are no further questions for us when flying to Frankfurt. We check in our luggage – which has miraculously grown by exactly 20 kilograms compared to our departure from Singapore four months ago here in Shanghai – and make our way to the security check.
An (almost) deserted airport
The halls are spookily empty, everywhere we see abandoned counters, a few airport employees in full medical gear patrol the corridors.
At the passport control the distance markings on the ground are not needed at all, except for us there are only a handful of people waiting to go through immigration. We are allowed to leave without further comments – although our visa officially expired a few weeks ago.
At the security check, the employees take it very seriously, Titus’ handicraft scissors are checked thoroughly, every suspicious piece of luggage is examined – is this some kind of occupational therapy for the obviously underemployed employees?
As we have planned more than enough time (being unsure whether all the corona measures will lead to delays), we are quite relaxed. And still almost two hours before departure at the gate. In the waiting hall we not only encounter yawning emptiness, but also exclusively closed shops. Not a single café is open, not to mention a money exchange office. Now we have to take the Laotian Kip, forgotten in our wallet, as a travel souvenir with us…
More than enough space in the aircraft
We stretch our legs, brush our teeth and delete a few last apps on our mobile phones before we board the plane. In the plane there are only about 40 passengers besides us, spreaded over all rows of seats. At least one seat distance between the passengers is mandatory, de facto there is almost one row for everyone.
This is very comfortable, as when the plane takes off as scheduled shortly after midnight, everybody finds enough space to sleep. Only the breathing mask disturbs a little, as it has to be worn during the whole flight without exception.
Fortunately, Titus does not let this stop him from sleeping, he spreads out over three seats and sleeps unmoved by the temperature checks carried out hourly by the flight attendants. I’d like to toast the farewell from China with a glass of wine before I go to sleep – but that’s not going to happen: only water, juice or tea are served, even the included dinner only consists of a packaged roll, which I gratefully reject.
Fortunately, the ten-hour flight is easy to endure thanks to the on-board programme and enough space to stretch our legs. Titus wakes up at 9 a.m. Chinese time (or 3 a.m. German time), eats a piece of served cake and comments the landing approach in detail. A few minutes after 5 a.m. the plane touches down at Frankfurt Airport.
Welcome to Germany
During taxiing to the gate an unusual sight awaits us: Wherever we look, Lufthansa planes are sitting on the runways in parking mode. Also in the airport building it is relatively empty, but this may also be due to the early hour.
At the passport control, several employees ensure the necessary distance between the passengers and a speedy passage. For the first time since the beginning of our journey our passport is only opened and then closed quickly, without any stamp, without any questioning. We are back in Germany.
And even before the baggage claim, Titus finds an already opened bakery where he insists urgently on a butter pretzel. We first have to get euros at the next ATM – because card payment does not work. A new experience for us!
Experiences with the Deutsche Bahn
The luggage is quickly taken, and after a short walk we are waiting at the track of the long distance train station for the next ICE.
Fortunately, at least the ticket machine accepts the credit card. At this early morning hour the train is pleasantly empty, we move into the spacious Family compartment and enjoy the sight of the rising early morning fog over the fields. Titus blissfully eats German pastries and drinks apple spritzer, meanwhile he counts the minutes until the reunion with the grandparents.
After the many thousands of kilometers we traveled through China by train, however, the disillusionment comes soon: While in China the express trains were on time even over distances of 1,300 kilometers per minute, our ICE in Mannheim stands still for almost an hour due to technical problems. Therefore we can’t reach the connecting train in Stuttgart and arrive at Ulm main station one hour later than scheduled…
… and again: Quarantine
There we have to move directly into “domestic quarantine”, because this is still obligatory in Bavaria for arrivals from non-Schengen states. We report to the responsible district office by e-mail and set up for the following 14 days in an apartment. A good opportunity to “arrive” again very slowly and to acclimatize before the journey in Europe continues!
Comments (5)
Liebe Nadine,
gern habe ich ihre Reiseberichte gelesen. Schon toll wie sie das alles bewältigt haben trotz Corona.
So viele Eindrücke aus einer „anderen Welt“, schon faszinierend.
Jetzt erst mal wieder ein „gutes Ankommen“ in der Heimat, bin schon gespannt wohin die Reise weitergeht.
Alles Gute für Sie und ihre Familie.
Sigrid Brunnert
Liebe Sigrid,
vielen Dank, das freut uns sehr! Dank Corona war es eine besonders spannende Reise – so eine Situation wird es wohl so schnell nicht wiedergeben.
Ein paar Wochen haben wir ja noch vor uns, und sind froh, dass sich in Europa die Lage entspannt.
Viele Grüße und alles Gute
Nadine
Hallo liebe Nadine,
Ich bin sehr sehr gespannt zu hören, wie es euch jetzt in Deutschland geht!!! Das ist nun eine riesige Umstellung für euch, ganz bestimmt nicht einfach!
Und erzähle doch bitte genauer, wie das nun in Ulm ablief. Wurdet ihr abgeholt von jemandem und zu dieser Quarantänewohnung gebracht? Wie ich dich verstanden habe, wurdet ihr ja überhaupt nicht in Frankfurt gecheckt, kein Abstrich oder dergleichen! Und eure Anmeldung beim Landesamt war auch absolut freiwillig, nicht wahr? Keiner kontrolliert, ob ihr euch auch wirklich in Quarantäne begeben habt?
Ich denke an euch! Ich weiss, ihr seid mittlerweile schon wieder ‚draussen‘, aber ich finde es sehr spannend zu hören, wie kontrastreich der Umgang mit der Coronasituation in Deutschland von statten geht.
Wir sind super happy, weil wir ab übermorgen wieder 5 Gäste zu Hause haben dürfen, und die Restaurants und Geschäfte öffnen, zwar mit vielen Vorsichtsmassnahmen, aber immerhin! Und wir dürfen schwimmen gehen !!! Yuhuu! Allerdings Kinos, Konzerthallen, Museen, Kirchen, Tempel, Moscheen bleiben geschlossen und Chorproben sind noch nicht erlaubt. Also bleibt es weiterhin bei online Proben….
Ich drück dich! Liebe Grüsse an Norman und Titus!
Liebe Alexandra,
vielen Dank für Deine Nachricht!
In Frankfurt wurden wir tatsächlich nicht überprüft – bislang hatte eh jedes Bundesland eigene Quarantäne-Regelungen. Die erfragt man am Besten vorab telefonisch beim Gesundheitsamt. Wir durften also völlig ungehindert unserer Wege ziehen.
In Bayern mussten wir dann eben in “häusliche Quarantäne”, da wir aus einem Nicht-Schengen-Staat eingereist sind – so waren die Bestimmungen zum Zeitpunkt unserer Anreise. Laut Gesetz muss man sich dann dort eigenverantwortlich (d.h. nicht freiwillig, sondern eben auf eigene Veranlassung) beim zuständigen Landratsamt melden. Von dort kam dann die per Mail die Bestätigung, dass wir nun 14 Tage in Quarantäne verbringen müssen; in einer Wohnung unserer Wahl.
Kontrolliert wurden wir nicht, aber es gab natürlich immer die Möglichkeit, dass wir stichprobenartig überprüft werden. Wir waren also ganz brav.
Falls Du dazu noch Fragen hast, melde Dich gerne!
In Deutschland ist die Situation deutlich entspannter als in Asien, auf der Straße trägt keiner Maske und inzwischen dürfen sich die Menschen ja auch wieder in größeren Gruppen treffen. Die Kinos, Theater, Musikgruppen, … nehmen wieder den Betrieb auf.
Ich freue mich für Euch, dass es auch in Singapur langsam “aufwärts” geht!
Alles Liebe und Grüße an alle,
Nadine
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